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Austria Börsenbrief
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Wirecard und Lufthansa - Franz C. Bauer

24.06.2020 | Austria Börsenbrief Nr. 26/2020

Zwei Themen beschäftigen Anleger derzeit, beide mit Österreich-Bezug: Wirecard und Lufthansa. Zunächst zur Lufthansa. Der 79-jährige deutsche Selfmade-Milliardär Hans Herrmann Thiele konnte sich in den vergangenen Monaten 15 Prozent der Aktien des angeschlagenen deutschen Luftfahrtkonzerns sichern. Da auf der HV (diese findet nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe statt) weniger als 38 Prozent der Stimmrechte angemeldet sind, bedarf die Zustimmung zum Rettungspaket der deutschen Regierung einer  Zwei-DrittelMehrheit. Diese könnte Thiele mit seinen 15 Prozent verhindern. Der deutsche Staat hat ja ein neun Milliarden Euro schweres Rettungspaket geschnürt, um die Airline vor einer Insolvenz zu retten. Gerüchteweise soll Thiele mit einem Hedgefonds in Verbindung stehen. Unabhängig davon, wie die HV ausgeht – einmal mehr zeigt sich hier der Konflikt zwischen „privatem“ Profitstreben und öffentlichem Interesse. Das Rettungspaket (an dessen Umsetzung ja auch das Schicksal der Lufthansa-Tochter AUA hängt) sieht eine 20-Prozent-Beteiligung des deutschen Staates vor, die Thiele offenbar stört. Doch Airlines haben neben der wirtschaftlichen Bedeutung für einen Standort ja auch eine politische und strategische Dimension, die Hedgefonds oder privaten Investoren aber egal ist. Jedenfalls ließ ein AUA-Sprecher die Öffentlichkeit wissen, das österreichische AUA-Rettungspaket sei jedenfalls unabhängig von der Entwicklung in Deutschland zu sehen – was natürlich nur sehr bedingt stimmt. Lufthansa-Aktien reagierten auf die Unsicherheit jedenfalls mit Kursverlusten.

Keine „Kursverluste“ sondern einen regelrechten Kurssturz gab es bei Wirecard. Die Aktie halbierte sich beinahe, als bekannt wurde, dass der Konzern durch vermutliche Malversationen 1,9 Milliarden verloren habe. Das Geld, das angeblich auf Treuhandkonten in Asien liegen soll, sei, so eine Auskunft der philippinischen Zentralbank, dort nie angekommen. Einmal mehr wirft dies ein schiefes Licht auf die Finanzmarktaufsicht BaFin. Dass ein DAX-Konzern praktisch über Nacht um 1,9 Milliarden Euro ärmer ist, die möglicherweise nie existierten, hätte den Prüfern auffallen sollen. Jedenfalls trat der Wirecard-Gründer, der Österreicher Markus Braun, unmittelbar nach Bekanntwerden des Skandals zurück. Grundsätzlich verfügt der Zahlungsdienstleister über ein tragfähiges und interessantes Geschäftsmodell und verdient an Online- und Kreditkartentransaktionen. Gründer Braun widmete sich allerdings mehr der technischen als der organisatorischen Seite – was sich nun bitter rächt.

Die Probleme bei Wirecard und Lufthansa bildeten allerdings nicht die einzige Belastung für die Indizes. Auch die Beschleunigung der Corona-Epidemie sorgte für Missstimmung unter den Anlegern. Vor allem Brasilien und die USA zählen zu den Hotspots, und auch in Deutschland kletterte die Ansteckungsrate wieder über 1 – was bedeutet, dass ein Infizierter mehr als einen zusätzlichen Fall verursacht, die Zahl der Infizierten also steigt. Trotz der immer noch günstigen Entwicklung in Europa erinnert uns dies daran: Die Krise ist noch lange nicht ausgestanden.

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