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Austria Börsenbrief
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Ob der FTX-Kollaps für die Börsen ein Negativsignal ist wie die Enron-Pleite, bleibt nach abzuwarten

30.11.2022 | Austria Börsenbrief Nr. 47/2022

Der diesjährige Bärenmarkt hatte im Tief im Grunde genommen enorme Ausmaße erreicht. Das hatte neben der Höhe der in einzelnen Segmenten aufgetretenen Verluste auch damit zu tun, dass sich nur wenige Anlageklassen dem Abwärtssog entziehen konnten. Trotzdem fehlte Börsianern mit viel Erfahrung die eine oder andere Zutat, um ein baldiges Ende der Baisse auszurufen. So war es früher oft so, dass es im Laufe eines heftigen Bären­marktes auch zu einem negativen Großereignis wie etwa die Pleite eines Großkonzerns oder eines großen Fonds etc. kam.

Im Zuge der geplatzten Dot.com-Blase um die Jahrtausendwende war das etwa die Pleite des Energiekonzerns Enron. Dieser größte Konkurs in der Geschichte der USA gilt als das Paradebeispiel für Unternehmensbetrug, Fehlverhalten und Selbstgefälligkeit. Und vielleicht ist etwas ähnliches gerade ebenfalls passiert, nur halt in einem ganz anderen Bereich. Gemeint ist damit die Insol­venz von FTX, einer der weltweit bedeutendsten Kryptobörsen. Jedenfalls gibt es namhafte Markteilnehmer, die diese beiden Namen in einem Atemzug nennen.

Für den eingesetzten Insolvenzverwalter John Ray, der ironischer­weise auch bei den Aufräumarbeiten bei Enron mitwirkte, ist die FTX-Pleite hinsichtlich der unternehmensinternen Verhältnisse sogar noch viel schlimmer. Jedenfalls gab er zum Besten, dass er in seiner Laufbahn noch nie ein solches Komplettversagen von Unternehmenskontrollen, einen derartigen Mangel an vertrauens­würdigen Finanzinformationen und eine solch kompromittierte Systemintegrität gesehen habe.

Vor diesem Hintergrund geht nun in der Kryptowelt die Angst vor einer Ansteckungswelle und einem Dominoeffekt um. Erfreulicher­weise zeigen sich zumindest bisher aber andere Anlageklassen von diesem Debakel relativ unbeeindruckt. Zu Ende gegangen ist beispielsweise jüngst die zuvor über einen längeren Zeitraum zu beobachtende enge Korrelation zwischen dem Bitcoin-Kurs und dem S&P 500 Index. Und zwar dergestalt, dass sich der letztgenannte US-Aktienindex der anhaltenden Schwäche der größten Kryptowährung entzogen und stattdessen zugelegt hat. INTERNATIONAL

Ob ein Flächenbrand ausbleibt, der sich auch auf andere Asset­klassen abseits vom Kryptosegment ausdehnt, bleibt abzuwarten. Ganz undenkbar ist das nicht, weil ein Grundgedanke der Kryp­towelt ja ist, sich von der traditionellen Finanzwelt zu lösen. Und die Regulierungsbehörden hatten ihre nur schleppenden Regulie­rungsbemühungen im Krypto-Bereich oft auch mit deren aus ihrer Sicht geringen Bedeutung für die Finanzmarktstabilität begründet.

Trotzdem ist aber auch eine breiter gefächerte Kettenreaktion noch nicht völlig auszuschließen. Deshalb macht es Sinn, die jüngste La­geaufhellung an den Weltbörsen zwar anzuerkennen, aber dennoch nach wie vor eine gewisse Vorsicht beim Investieren walten zu lassen.

Übrigens: Falls FTX tatsächlich vergleichbar sein sollte mit Enron, wäre damit zwar ein wichtiger Baustein im Rahmen eines typischen Bärenmarktes erfüllt. Eine sofortige Erlösung wäre das aber zu­mindest dann nicht, wenn sich die Geschichte wiederholen sollte. Denn wie der Chart zeigt, brach der Enron-Skandal im Oktober 2001 (die Pleite erfolgte im folgenden Dezember) aus, der Nasdaq Composite Index markierte aber erst im Juli des Folgejahres seinen damaligen Tiefpunkt.

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