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Austria Börsenbrief
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Den Immobilienmärkten droht künftig mehr Gegenwind

31.08.2022 | Austria Börsenbrief Nr. 34/2022

Die jüngste Rede von US-Notenbankpräsident Jerome Powell hat viele Börsianer offenbar auf dem falschen Fuß erwischt. Dabei hat er im Grunde genommen nur das gesagt, was mit Blick auf die derzeit noch viel zu hohe Inflation zu erwarten war. Sein Hinweis auf weitere Zinserhöhungen hat aber dennoch für schlechte Stimmung gesorgt. Die Kurse am US-Aktienmarkt und vielen anderen Weltbörsen sind trotzdem deutlich gen Süden abgedreht.

Deshalb kommt es nun darauf an, ob es zu neuen Jahrestiefs kommt oder nicht. Falls ja, wäre das charttechnisch betrachtet bitter, da gleichbedeutend mit neuen Verkaufssignalen. Beim S&P 500 Index, der zum Redaktionsschluss bei 3.986,16 Punkten notiert, bewegt sich das bisherige Jahresschlusskurstief bei 3.666,77 Punkten. Und der Verteidigung dieser Marke kommt wie bereits angedeutet eine sehr große Bedeutung zu.

Beim Blick auf das Marktumfeld fällt auf, dass dieses gespickt ist mit sehr vielen Problemen. Aus Sicht der Finanzmärkte am wichtigsten dürfte dabei das Zinsumfeld sein. Denn steigende Zinsen stellen nun einmal bekanntlich für Volkswirtschaften und Börsen eine Herausforderung dar.

Im aktuellen Fall kommen dadurch auch zusehends die Immobilienmärkte in die Bredouille und damit ein Bereich, der sich speziell in der westlichen Welt bisher in einer sehr festen Verfassung präsentiert hat. Das gilt selbst für den US-Immobilienmarkt. Zum Ende des Halbjahres ergab sich dort auf Jahressicht zwar noch ein Hauspreisanstieg von mehr als 18%. Insgesamt haben sich die Hauspreise dadurch seit 2010 mehr als verdoppelt und alleine seit Pandemiebeginn legten sie um gut 40% zu.

Doch inzwischen hat der Wind zu drehen begonnen. Aktuelle Marktindikatoren zeigen laut DZ Bank, dass der Zinsanstieg den aufgeheizten Häusermarkt nun kräftig abkühlt. Der NAHB-Index, der Stimmungsindikator der Bauträger, gab bereits spürbar nach. Der Index sank von 84 Punkten im Dezember 2021 auf nur noch 49 Punkte im August 2022 – und fiel so unter die „Rezessionsschwelle“ des Häusermarkts von 50 Punkten. Ein weiteres Abschwungsignal sind die Baubeginne, die von annualisiert über 1,7 Mio. bis April 2022 auf nur noch 1,45 Mio. Einheiten im Juli sanken.

Der Hauptgrund für den eingetrübten Häusermarkt ist die schlechtere Erschwinglichkeit, die von den hohen Hauspreisen in Kombination mit den nun viel höheren Finanzierungskosten in die Zange genommen wird. Die von der National Association of Realtors berechnete Relation von Kreditrate und Einkommen ist für eine durchschnittliche Käuferfamilie von rund 15% – ein von 2009 bis 2020 halbwegs stabiler Wert – auf über 24% gestiegen.

Die Belastung der privaten Haushalte durch die hohe Inflation erschwert den Immobilienkauf noch zusätzlich. Die Rezessionsgefahr der US-Wirtschaft könnten manche Kaufinteressenten ebenfalls zögern lassen, schreibt die DZ Bank in einer aktuellen Studie zum zuletzt veränderten Umfeld.

Die dortigen Analysten sind aber dennoch nicht komplett negativ gestimmt. Für einen flächendeckenden Preisrückgang müsste es aus ihrer Sicht wohl zu einer schweren Krise der US-Wirtschaft mit einer merklich höheren Arbeitslosigkeit kommen. Man erwartet stattdessen eine erheblich abgeflachte, aber insgesamt noch leicht positive Preisentwicklung. Dabei könnten die Hauspreise auch langsamer als die Verbraucherpreise steigen. Die Bewertungen würden dann real etwas nachgeben, sodass der Hauspreiskessel unauffällig Druck verlieren könnte.

Ob es so kommt und somit letztlich alles glimpflich ausgeht, bleibt wie immer abzuwarten. Rückenwind auf die Konjunktur dürfte aber auch vom US-Immobilienmarkt bis auf weiteres nicht mehr ausgehen. Somit droht eine weitere der bisherigen volkswirtschaftlichen Stützen vorerst auszufallen.

Dazu passt, dass auch aus Sicht der Analysten von BCA Research die Hauspreise in den USA demnächst mit ziemlicher Sicherheit real und wahrscheinlich auch nominal sinken werden. Aber immerhin heißt es auch dort, anders als in der Vergangenheit dürften sich die Auswirkungen eines Rückgangs der Immobilienpreise auf die Bautätigkeit in Grenzen halten, da es in den USA nicht zu einem allgegenwärtigen Überbau gekommen sei.

Auch die Auswirkungen auf den US-Konsum dürften sich in Grenzen halten. Denn im Gegensatz zu den Ereignissen Mitte der 2000er Jahre seien die ausstehenden Salden für Eigenheimkredite während des pandemischen Immobilienbooms zurückgegangen. Außerdem stünden die US-Banken heute auf einem soliden Fundament. Dies dürfte den Kollateralschaden sinkender Immobilienpreise für das Finanzsystem begrenzen.

Gleichzeitig erinnert BCA Research aber auch daran, dass außerhalb der USA die Aussichten für den Wohnungsbau schwieriger sind. Dies gilt insbesondere für kleinere Industrieländer wie Kanada, Australien, Neuseeland und Schweden. Negativ Erwähnung findet zudem auch China, wo der Immobilienmarkt am Rande eines jahrzehntelangen Abstiegs nach japanischem Vorbild stehen könnte. Folglich gilt auch mit Blick auf viele andere Immobilienmärkte weltweit das Fazit, dass wie in den USA von dieser Seite zunächst keine positiven Impulse zu erwarten sein dürften. Stattdessen droht im Negativfall sogar Ungemach über diese Schiene.

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