Zum Hauptinhalt springen
Wir wissen, wie Börse geht.
Austria Börsenbrief
Austria Börsenbrief

Brechen jetzt rosigere Zeiten für die Banken an?

21.09.2022 | Austria Börsenbrief Nr. 37/2022

Brechen jetzt rosigere Zeiten für die Banken an? Die Erhöhung des Einlagensatzes auf 0,75 Prozent durch die Europäische Zentralbank (der Leitzins kletterte auf 1,25 Prozent) bedeutet zweifellos eine Erleichterung für den Finanzsektor. Abgeschafft wurde ja auch das zweistufige System der Verzinsung der Überschussliquidität, das für einen Teil negative Zinsen vorsah. An sich sollten höhere Zinssätze ja zu einer Erhöhung der Nettozinserträge führen. Voraussichtlich unverändert bleibt der von den Aufsichtsbehörden vorgegebene Solvenzpuffer. Einige Zentralbanken haben sogar angekündigt, dass sie diesen im kommenden Jahr anheben wollen, um Systemrisiken zu begegnen – was einmal mehr demonstriert, dass es sich hier um einen überregulierten Sektor handelt. Der Verdacht liegt nämlich nah, dass die Zentralbanken den Solvenzpuffer dafür missbrauchen, um Banken von höheren Ausschüttungen an ihre Aktionäre abzuhalten.

Die in Wien notierten Bankaktien reagierten unterschiedlich auf die neue Situation. Von den im ATX Prime notierten Bankwerten konnte im vergangenen Monat lediglich die BAWAG Group die Benchmark nennenswert schlagen. Profitieren werden von der Maßnahme wohl eher die Inhaber nachrangiger Bankanleihen. Selbstverständlich gilt dies aber nur, sofern sich das gesamtwirtschaftliche Umfeld nicht verschlechtert und die Banken keine zusätzlichen Wertberichtigungen vornehmen müssen. Jeder Konjunktureinbruch ist ja von einer wachsenden Anzahl von Kreditausfällen begleitet.

Doch da kommen keine guten Nachrichten von unserem Nachbarn: In ihrem jüngsten Monatsbericht spricht es die deutsche Bundesbank unmissverständlich aus: "Es mehren sich die Anzeichen für eine Rezession der deutschen Wirtschaft im Sinne eines deutlichen, breit angelegten und länger anhaltenden Rückgangs der Wirtschaftsleistung", so das wörtliche Zitat. Unsicherheitsfaktoren seien, so die Ökonomen der Buba, die Inflation und die Gasversorgung. Noch im Frühjahr ist die deutsche Wirtschaft um schwache 0,1 Prozent gewachsen, doch selbst dieses Mini-Wachstum ist gefährdet. Als Reaktion auf die nach wie vor hohe Inflation ist mit weiteren Zinsanhebungen zu rechnen. Dies kündigte Philip Lane, Chefvolkswirt der EZB, erst kürzlich an. Wie viele, darüber hüllt sich die Zentralbank allerdings in Schweigen. Wie in einer der vorigen Ausgaben erwähnt – die für Investoren so wichtige und aufschlussreiche forward guidance gehört offenbar der Vergangenheit an. Der Markt rechnet jedenfalls mit einem Zinsniveau um die 2,5 Prozent. Dass es die EZB ernst meint, bekräftigte kürzlich Christine Lagarde. Die EZB-Chefin erklärte in einem Vortrag, die Zentralbank müsse angesichts der hohen Inflation handeln, auch wenn das Wirtschaftswachstum dadurch gebremst werde. Auf die Frage ob Zinserhöhungen das Wachstum dämpfen könnten, antwortete Lagarde, dies sei zwar möglich, „aber das Risiko müssen wir eingehen“ – ein bemerkenswertes Statement, verhielt sich die EZB doch lange Zeit, vermutlich aus berechtigter Sorge um die Konjunktur, völlig passiv.

Für Aktien bedeutet dies zwar zusätzlichen Gegenwind, doch auch für Anleihen sieht die Lage nicht rosig aus. Wohl ist ein Teil der Zinserwartungen bereits in den Kursen eingepreist, doch die Unsicherheit bleibt auch hier. Dies lässt Anleihen als Alternative zu Aktien nicht unbedingt attraktiver erscheinen.

Interesse geweckt?

Sind Sie bereits Abonnent? Dann loggen Sie sich bitte ein.
Wenn Sie noch kein Kunde sind, wählen Sie bitte aus unseren Abo-Angeboten aus:

Bestellung

Sollten Sie über einen gültigen Gutscheincode verfügen, können Sie diesen im nächsten Schritt entwerten.
Der Rabattbetrag wird im Warenkorb automatisch vom Gesamtbetrag abgezogen.

Jahresbezug

380,-

Monatsbezug

34,-