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Ist Value-Investing tot?

07.11.2019 | Aktien-Spezialwerte Nr. 23/2019

Value-Investing ist tot.

Beim Blick auf die fulminanten Kursent­wicklungen der hochkapitalisierten US-Technologiewerte wie Microsoft, Amazon, Facebook, Alphabet (Google) und anderen drängte sich diese Schlussfolgerung in den letzten Jahren im­mer mehr Marktteilnehmern auf. Tatsächlich liegt eine extrem schwache Value-Phase hinter uns, die überdies auch bereits sehr lange anhält. Gemäß Daten von O’Shaughnessy Asset Management (OSAM) hat Value nun bereits seit Anfang 2007 eine Underperformance gezeigt. Mit Daten per Ende Juni 2019 hat der Russel 1000 Growth Index den Russel 1000 Value In­dex über die letzten zwölfeinhalb Jahre um kumulativ 136% geschlagen. Da sich im langfristigen historischen Durchschnitt eine Value-Prämie zeigt, d.h. Value-Aktien eine Outperformance gegenüber dem Gesamtmarkt und gegenüber Growth-Aktien bieten, fragt sich, ob sich die Investment-Welt soweit geändert hat, dass der Value-Ansatz in die Mottenkiste gehört oder ob einfach ein besonders starkes Value-Come­back vor der Tür steht.

Die OSAM-Studie „Value is Dead, Long live Value“ liefert für die Beantwortung dieser Frage interessante Hintergründe. Gemäß de­ren Daten ist die aktuelle Value-Schwäche historisch nicht einmalig, sondern findet einen Vorläufer in der extrem schwachen Value-Periode von 1926 bis 1941, als für die größten US-Aktien eine jährliche Underperformance von 6,1% der Value-Aktien ge­genüber Growth-Aktien verzeichnet wurde. Beden­kenswert ist erstens, dass nach dieser Periode eine massive Aufholbewegung einsetzte, bei der in den Folgejahren Value-Titel wieder deutlich outperformten und Growth-Aktien weit hinter sich ließen.  

Die OSAM-Studie ist vor allem deshalb interessant, weil sie eine Erklärung für die damalige und auch heutige Value- Schwäche liefert. Gemäß den Annahmen der Studie zeigt sich - verkürzt gesagt - immer dann eine Growth-Outperformance, wenn technologische Revolutionen durch kreative Zerstörung alte Strukturen ersetzen. Dies gelte aber nur in einer bestimm­ten Phase einer solchen langanhaltenden Welle des technolo­gischen Umbruchs, die Perioden von 45 bis 60 Jahren umfasse, so die Studie. Grundsätzlich gebe es zwei Phasen in einem solchen langen Zyklus: Die Phase der Installation (installation) und die Phase der Umsetzung (deployment). Die erste Phase ist von kreativer Zerstörung gestaltet, in der alte Strukturen nieder gerissen werden und durch neue Standards ersetzt werden. Getrieben von den vielen für jedermann ersichtlichen Möglichkeiten werden ganz neue Infrastrukturen erschaffen. In der zweiten Phase wird die neue Technologie zur neuen Norm und es werden vor allem neue Anwendungen implementiert, aufsetzend auf den in der ersten Phase geschaffenen Infra­strukturen. Die Studie führt beginnend ab dem Jahr 1770 fünf technologische Revolutionen an: die industrielle Revolution (1770 bis 1829), das Zeitalter der Dampfmaschinen und der Eisenbahn (1830 bis 1873), das Zeitalter von Stahlproduktion, Elektrizität und Schwerindustrie (1875 bis 1918), das Ölzeitalter inklusive Automobilbau und Massenproduktion (1908 bis 1974) und das Informationszeitalter (ab 1971).  

Entscheidend ist nun, dass es in jedem dieser Zeitalter eine Übergangsphase (turning point) zwischen der Installations­phase und der Umsetzungsphase gab. In dieser Zwischen­phase wird – weil die gesamte Umwälzung ge­rade erst Fahrt aufnimmt - das höchste Wachstum erzielt und die großen Gewinner dieser Umwälzung etablieren sich. Und genau in dieser Phase zeige Value eine Underperfor­mance, so die Studie. In der späteren Umset­zungsphase – wenn die Infrastruktur für den Umbruch schon steht und es in einer Imple­mentierungs- und Reifephase vor allem um An­wendungen geht, die das tägliche Leben ändern (die neue Technologie verbessert und veredelt alle früheren Technologien), gibt es wieder mehr Stabilität auf den Märkten. In dieser Stabilisie­rungs- und Reifephase sickert sozusagen die neue Technologie in alle Wirtschaftsbereiche durch und die gesamte Wirtschaft profitiert von einer breiteren Anwendung und Nutzbarmachung der neuen Rahmenbedin­gungen. In genau dieser Phase gebe es dann wieder eine Outperformance von Value-Aktien gegenüber Growth-Aktien, so die Annahme von OSAM.

Dies ist insoweit überzeugend, als dass das größte Wachstum der Technologieführer in dieser Phase zunehmend an Grenzen stößt und aus den sehr teuren Technologieführer-Aktien die vormals zu optimistischen weite­ren Wachstumsaussichten vermehrt wieder ausgepreist wer­den, wogegen ältere Industrien zunehmend vom Einsatz und der Umsetzung der neuen Möglichkeiten profitieren und durch Kostenersparnisse und einem wieder anziehenden Wachstum (welches zuvor chronisch unterschätzt wurde) profitieren. Dann schlagen günstig bewertete Value-Aktien wieder die zuvor ge­hypten Growth-Aktien. Obige Zusammenhänge sind natürlich idealtypisch gezeichnet und in der Realität nicht in so sauberer Zeitabgrenzung anzutreffen. Dennoch erscheint uns das Denk­modell durchaus hilfreich, um zu verstehen, warum es längere Phasen an der Börse gibt, in denen Value-Aktien schlecht ab­schneiden.

Wir glauben tatsächlich, dass die ganz großen umwälzenden Änderungen für unser tägliches Leben aus der Informationsre­volution erst noch bevor stehen, angetrieben durch Künstliche Intelligenz, Big Data und immer neue Formen sozialer Netz­werke. Viele Unternehmen werden durch den Einsatz von Inno­vationen auf diesen Feldern noch erhebliche Effizienzgewinne und Kostenersparnisse realisieren können und somit deutlich profitieren. Uns erscheint es daher auch plausibel, dass wir gerade erst den Turning Point dieser Welle verlassen, woraus letztlich folgt, dass Value nicht tot ist, sondern früher oder später vor einem starken Comeback stehen wird, wie schon viele Male zuvor in der Geschichte. Es gibt somit sehr gute Gründe, gerade jetzt weiter auf Value zu setzten, vor allem vor dem Hintergrund, dass sich unsere Value-Strategie auch schon in den zurückliegenden, sehr schwachen Value-Jahren mit ei­ner deutlichen Outperformance gegenüber dem Gesamtmarkt erfreulich positiv entwickelte und am Markt nun erstmals Zei­chen dafür sichtbar sind, dass sich die starke vergangene Outperformance der Growth-Aktien tatsächlich langsam dem Ende zuneigt.  

Freundliche Börsentage wünscht Ihnen

Ihr Raimund Klapdor

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