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Austria Börsenbrief
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Gamestop - Franz C. Bauer

03.02.2021 | Austria Börsenbrief Nr. 05/2021

Sicher haben Sie die Ereignisse um Gamestop verfolgt. Wenn nicht, die Geschichte in aller Kürze: Gamestop ist eine börsennotierte US-Handelskette, die vor allem Computerspiele verkauft. Das Geschäft läuft seit Jahren eher mies, sodass Hedgefonds die Aktie als angeblich lohnendes Ziel für short selling entdeckt haben. Diese Praktik, ohne Aktien tatsächlich im Eigentum zu halten, auf fallende Kurse zu spekulieren, steht seit Jahren in der Kritik. Der Vorwurf lautet, Leerverkäufe dienten Zockern nur dazu, schnelle Profite zu generieren. Außerdem sollen sie Unternehmen in ernste Schwierigkeiten stürzen, indem sie deren Aktienkurse künstlich drücken. Vor allem bei Hedgefonds sind solche Leerverkäufe beliebte Profitquellen. Verteidiger dieser Praktiken wenden ein, dass solche Leerverkäufe ja nur Marktentwicklungen vorwegnehmen bzw. beschleunigen und somit zu einer schnellen Marktbereinigung beitragen. Außerdem dienten sie zur Absicherung von Portfolios. Die auch nur temporären Untersagungen solcher Transaktionen – etwa in Phasen starker Abwärtsbewegungen des Marktes oder einzelner Werte – führen regelmäßig zu Protesten vor allem aus den Reihen der (oft mit Millionengagen honorierten) Hedgefondsmanager. In der Causa Gamestop haben einige von ihnen ihre Rechnung allerdings ohne den Wirt – bzw. die Kleinanleger – gemacht. Einige Tausend dieser Kleinanleger nutzten nämlich die App „reddit“, um sich auf der Plattform „Wallstreetbets“ zu versammeln und gemeinsam gegen die Big Players gegenzuhalten – mit durchschlagendem Erfolg. Die Gamestop-Aktie schnellte in kurzer Zeit um mehr als 1000 Prozent in die Höhe, was die Hedgefondsmanager, die auf sinkende Kurse gewettet hatten, dazu zwang, Deckungskäufe zu weit höheren Kursen zu tätigen. Dies bescherte ihnen Milliardenverluste, da die Kleinanleger auch andere „short“-Aktien ins Visier genommen hatten. Melvin Capital, ein berüchtigter – sorry: bekannter – Shortseller, geriet in eine solche Schräglage, dass er von anderen Hedgefonds dem Vernehmen nach eine Geldspritze von 2,75 Milliarden benötigte. Insgesamt soll sich das Minus der Hedgefonds auf bis zu 70 Milliarden Dollar summiert haben. Seltsam ist die Reaktion einiger Kleinanleger-Handelsplattformen: Robinhood nahm etwa für einige Zeit keine Kauforders für die betreffenden Werte an, führte aber Verkaufsorders aus – was wiederum die US-Politik auf den Plan rief, da sich Robinhood scheinbar auf die Seite der Hedgefonds geschlagen hatte. Kleinanleger riskieren mit solchen Transaktionen natürlich einiges, da sie die Aktien, mit denen sie die Hedgefonds in die Schranken weisen wollen, meist weit überteuert kaufen. Diese Verluste werden freilich oft in Kauf genommen, um die Macht der Hedgefonds zu schwächen. Wird das langfristig helfen? Soll der Staat oder die Börsenaufsicht intervenieren? Bemerkenswert ist, dass jetzt gerade aus der Riege der Hedgefonds, die sonst ja für möglichst liberale Börsenregeln eintreten, Druck kommt, solche Kleinanlegeraktionen zu verhindern. Zu hoffen ist, dass die Politik diesem nicht nachgibt. Zu befürchten ist, dass der eine oder andere Hedgefondsmanager künftig aufmerksam die Aktivitäten auf den Kleinanlegerplattformen verfolgt und versucht, diese zu antizipieren. Das Match kann noch spannend werden – wer sich daran beteiligt, sollte sich aber des eminenten Verlustrisikos bewusst sein.

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