Volkskrankheit Übergewicht: Bei diesen vier Adipositas-Aktien rät die Credit Suisse zum Kauf

Mehr als 2,5 Milliarden Menschen weltweit sind übergewichtig, ein Drittel von ihnen gilt als fettleibig, was eine erhebliche gesundheitliche Belastung darstellt. Die Weltgesundheitsorganisation spricht angesichts der vielen damit verbundenen Todesfälle von "epidemischen Ausmaßen". Inzwischen gibt es aber vielversprechende Medikamente, die Hilfe versprechen. Bei vier Profiteuren rät die Credit Suisse zum Kauf. Der Börsenwerte Verlags-Blog berichtet.

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) waren im Jahr 2016 39% der Erwachsenen übergewichtig (Body-Mass-Index (BMI) >25), 13 % galten darüber hinaus als fettleibig (BMI >30). Letzteres bedeutet eine Verdreifachung im Vergleich zu 1975. Ebenso hat sich der Anteil der übergewichtigen oder fettleibigen Kinder weltweit im gleichen Zeitraum mehr als vervierfacht und liegt nun bei 18 %, wobei das Problem auch zunehmend Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen betrifft.

In absoluten Zahlen bedeutet dies (Stand heute), dass über 2,5 Milliarden Menschen übergewichtig sind und fast eine Milliarde als fettleibig gilt. Die World Obesity Federation schätzt, dass bis 2035 mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung übergewichtig sein wird. Entscheidend dabei ist, dass Übergewicht und Fettleibigkeit erhebliche gesundheitliche Folgen haben können, unter anderem Krebs, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Weltweite Prävalenz von Fettleibigkeit (BMI>30)

Die WHO geht sogar so weit, von "epidemischen Ausmaßen" zu sprechen, da jährlich mehr als 2,8 Millionen Todesfälle auf einen hohen BMI zurückzuführen sind. Die Belastung ist auch wirtschaftlicher Natur: Die weltweiten wirtschaftlichen Auswirkungen von Übergewicht und Adipositas werden für das Jahr 2020 auf 2 Billionen Dollar geschätzt, die bis 2025 auf 2,5 Billionen Dollar steigen werden, so die World Obesity Federation. Diese Zahl umfasst sowohl die direkten Behandlungskosten als auch die wirtschaftlichen Folgen wie Fehlzeiten, Produktivitätseinbußen, Frühverrentung und Tod.

Das Angebot von hochwirksamen Medikamenten gegen Fettleibigkeit nimmt zu

Bis vor kurzem gab es nur wenige gute Behandlungsmöglichkeiten. Aber in den letzten Jahren wurden GLP-1-Agonisten (Glucagon-like Peptide-1) für Diabetes-Patienten entwickelt, da sie eine gute glykämische Kontrolle ermöglichen, d. h. den Blutzuckerspiegel dank der Stimulierung der Insulinsekretion senken können. Da GLP-1-Agonisten die Magenentleerung verzögern und den Appetit dämpfen, haben sie außerdem die willkommene Nebenwirkung einer Gewichtsabnahme. Aufgrund dieser Eigenschaften wurden diese Medikamente sowie mechanistisch ähnliche Moleküle bei den Zulassungsbehörden für die Behandlung von Fettleibigkeit angemeldet.

Die GLP-1-Agonisten der aktuellen Generation sind in der Lage, eine Gewichtsabnahme im Bereich von 15 % bis 20 % zu bewirken, womit sie zum ersten Mal eine nennenswerte Wirksamkeit nachweisen und eine Konkurrenz zur bariatrischen Chirurgie darstellen (auch wenn deren Wirksamkeit noch etwas höher ist). Angesichts des überzeugenden klinischen Profils, gepaart mit einer beträchtlichen (sozialen) Medienberichterstattung und Begeisterung, war die Nachfrage beträchtlich - zeitweise größer als das Angebot - und die entsprechenden Medikamente erreichten schnell den Status von Multiblockbustern. Ein Trend, der anhalten könnte, dank Fortschritten bei Bequemlichkeit (Art der Verabreichung), Art des Moleküls (leichtere Herstellbarkeit) und Wirksamkeit.

Allein anhand der Prävalenzzahlen (siehe Einleitung) wird deutlich, dass die Möglichkeiten für sichere und wirksame Adipositas-Medikamente enorm sind. Bislang ist die Verbreitung von Adipositas-Behandlungen (d. h. der Prozentsatz der Menschen mit Adipositas, die einen Arzt aufsuchen) minimal und liegt schätzungsweise im einstelligen Prozentbereich. Daher sollte die Verfügbarkeit einer medizinischen Option an sich schon mehr Menschen zu einer Therapie bewegen.

Umsätze und Erwartungen in der GLP-1-Klasse, in Mrd. Dollar

Quelle: DrugAnalyst, Credit Suisse

Kaufempfehlungen zugunsten von Novo Nordisk, Eli Lilly, Ypsomed und Gerresheimer

Nachfolgend noch einige Angaben zu jenen vier Unternehmen, die auf dem Adipositas-Markt tätig sind und bei denen die Credit Suisse zum Kauf rät.

Novo Nordisk (ISIN: DK0060534915) und Eli Lilly (ISIN: US5324571083) werden laut Credit Suisse nur schwer vom Adipositas-Markt zu verdrängen sein. Eli Lilly vermarktet Mounjaro, das derzeit von der US Food and Drug Administration für Diabetes zugelassen ist und für Adipositas beantragt, aber noch nicht zugelassen wurde. Dennoch sehen die Analysten die letztgenannte Zulassung als weitgehend gegeben an und würden schon heute ein gewisses Maß an Off-Label-Verschreibungen erwarten.

Abgesehen von den aktuellen Produkten habe Eli Lilly auf einer kürzlich abgehaltenen medizinischen Tagung die stärkste Leistung erbracht. Sein Pipeline-Kandidat Orforglipron hat ein sehr überzeugendes klinisches Profil gezeigt, und es wird erwartet, dass das Produkt in der Herstellung deutlich weniger komplex ist, was die Versorgungslage entspannen und Wege zu erschwinglicheren Preisen für diese Medikamente eröffnen könnte. Als orales Medikament ist es außerdem bequemer als injizierbare Arzneimittel. Darüber hinaus hat das Unternehmen Daten zu seinem Tri-Agonisten Retatrutid vorgelegt, wonach die Patienten in der Studie fast 25 % ihres Ausgangsgewichts verloren haben - das bisher beste Ergebnis für eine pharmazeutische Intervention. Neben den Auswirkungen auf das Körpergewicht hat Retatrutid auch Vorteile in Bezug auf das Leberfett gezeigt, was die Begeisterung für diesen Arzneimittelkandidaten noch verstärkt.

Novo Nordisk vertreibt derzeit die Adipositas-Medikamente Saxenda und Wegovy, während Ozempic und Rybelsus auch außerhalb der zugelassenen Indikationen verschrieben bzw. verwendet werden könnten, da letztere auf demselben Molekül wie Wegovy basieren.Mit einem Dual-Agonisten in seiner Pipeline, der auf der oben erwähnten medizinischen Konferenz einen angemessenen Auftritt hatte, sowie mit anderen F&E-Projekten sichert sich das Unternehmen auch seine Relevanz bei der zukünftigen Generation von Adipositas-Medikamenten.Im Vergleich zu Eli Lilly, das aufgrund seiner Präsenz in der Onkologie und den Neurowissenschaften (unter anderem) eine stärkere Diversifizierung der Therapiebereiche aufweist, ist Novo Nordisk fest als Endokrinologie-Unternehmen positioniert.

Da es sich bei mehreren aktuellen und zukünftig zu erwartenden Adipositas-Medikamenten um Injektionspräparate handelt, die von den Patienten selbst verabreicht werden, dürfte das erwartete starke Wachstum ein Segen für Unternehmen sein, die sich auf Autoinjektor-Systeme spezialisiert haben, wie Ypsomed (ISIN: CH0019396990) und Gerresheimer (ISIN: DE000A0LD6E6).

Obwohl das Aufkommen oraler Verabreichungsmöglichkeiten eine Wettbewerbsbedrohung für injizierbare Optionen darstellen könnte, geht die Credit Suisse davon aus, dass injizierbare Produkte aufgrund der besser kontrollierbaren Dosierung und des wirtschaftlicheren Einsatzes des pharmazeutischen Wirkstoffs weiterhin von grosser Bedeutung sein werden. Schließlich erfordert die orale Verabreichung von Arzneimitteln um Größenordnungen höhere Dosen als die Injektion - eine Überlegung, die besonders wichtig wird, wenn der Markt bereits relativ knapp ist.