SAP, Siemens und Deutsche Telekom: Die drei wertvollsten deutschen Aktien im Anlage-Check

Unter den globalen Top-100-Unternehmen sind SAP, Siemens und Deutsche Telekom die deutschen Aushängeschilder. Wir beleuchten im Schnelltest die Geschäftsmodelle, Stärken und Schwächen des Trios sowie ihre weiteren Top-100-Aussichten – und checken ihre Tauglichkeit als Investment.

Während US-Konzerne die weltweiten Börsen dominieren, rücken auch deutsche Top-Unternehmen zunehmend in den Fokus internationaler Anleger. Eine aktuelle Analyse der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft EY zeigt: Der kumulierte Börsenwert der 100 teuersten Unternehmen der Welt erreichte zur Jahresmitte 2025 einen neuen Rekord von rund 47,4 Billionen US-Dollar.

Besonders erfreulich aus europäischer Sicht ist der Wertzuwachs von 8,8% der europäischen Top-Unternehmen im ersten Halbjahr, während die US-Konzerne "nur" um 5,8% zulegten.

Trotzdem bleibt die US-Dominanz bestehen, mit 60 von 100 Unternehmen in den Top 100 und neun US-Firmen unter den Top 10 (ergänzt um Saudi Aramco). Zu beachten ist auch, dass von 2007 bis 2025 die Anzahl europäischer Konzerne in den Top 100 von 46 auf nur noch 19 gesunken ist. Die Anzahl nordamerikanischer Konzerne hat sich hingegen fast verdoppelt.

Zahl der Unternehmen unter den Top-100 zum jeweiligen Jahresende; Stichtag 2025
Quelle: EY

Eine bemerkenswerte Entwicklung ergibt sich mit Blick auf Deutschland. Denn erstmals seit dem Erstellen der Studie ist mit SAP ein deutscher Konzern das wertvollste europäische Unternehmen. Unter den wertvollsten Unternehmen weltweit sind ansonsten auch noch Siemens und Deutsche Telekom enthalten.

Insgesamt ist Deutschland folglich mit drei Unternehmen im Top-100-Ranking vertreten. Wir schauen uns diese drei deutschen Schwergewichte genauer an und beleuchten ihre Geschäftsstrategien, Stärken, Schwächen und ihre sogenannten "Moats" – also die Burggräben, die ihre Marktposition schützen.

Ranking Top 100 –Anzahl der Unternehmen nach Ländern

Grafik: Ranking Top 100 –Anzahl der Unternehmen nach Ländern
Quelle: EY

SAP: Der deutsche Software-Gigant auf europäischem Thron

Aktueller Status: SAP (ISIN DE0007164600 – 258,75 Euro) ist mit einem Börsenwert von 354 Mrd. Dollar das wertvollste europäische Unternehmen und belegt weltweit Rang 27. Dies ist eine beeindruckende Leistung, die SAP vor namhafte europäische Größen wie ASML und Novo Nordisk positioniert.

Geschäftsstrategie und Stärken: SAP hat eine konsequente Transformation zu einem Cloud-Software-Anbieter vollzogen. Die Strategie, Unternehmen bei ihrer digitalen Transformation zu unterstützen und Kernprozesse mit integrierten Softwarelösungen (ERP, CRM, SCM etc.) zu steuern, zahlt sich aus. Die Stärke von SAP liegt in seiner Marktdurchdringung: Viele der größten Unternehmen weltweit sind auf SAP-Software angewiesen. Das schafft enorme Kundenbindung, da ein Wechsel extrem komplex und teuer wäre. Ein weiterer großer Vorteil ist das breite Produktportfolio und die Fähigkeit, neue Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) in bestehende Lösungen zu integrieren. Der KI-Boom, der den Technologiesektor antreibt, ist auch für SAP ein wichtiger Wachstumstreiber, da die KI-Anwendungen in die Cloud-Produkte integriert werden.

Schwächen und Moats: Eine potenzielle Schwäche könnte die Komplexität der Produkte sein, die kleinere Unternehmen abschreckt oder eine hohe Implementierungszeit erfordert. Zudem wächst der Wettbewerb durch spezialisierte Cloud-Anbieter. Der "Moat" von SAP ist jedoch extrem tief: die hohen Wechselkosten für Kunden. Einmal implementiert, ist SAP tief in den Geschäftsprozessen eines Unternehmens verwurzelt. Hinzu kommt das breite Partnernetzwerk und die umfassende Branchenexpertise, die über Jahrzehnte aufgebaut wurde.

Platzierung und Aussichten: SAPs Stellung unter den Top 100 scheint aufgrund der anhaltenden Nachfrage nach digitaler Transformation und der starken Position im Cloud-Markt gesichert. Die konsequente Integration von KI wird die Relevanz weiter steigern. Für Anleger bleibt SAP ein spannendes Investment, das von strukturellem Wachstum im Unternehmenssoftware-Bereich profitiert. Eine weitere Verbesserung der Platzierung ist denkbar, sollte die Cloud-Transformation weiterhin so erfolgreich verlaufen und die Profitabilität entsprechend steigen.

Siemens: Der Technologiekonzern auf dem Weg zum digitalen Champion

Aktueller Status: Siemens (ISIN DE0007236101 – 223,05 Euro) liegt mit einem Börsenwert von 199 Mrd. Dollar auf Rang 74 weltweit und ist damit das zweitwertvollste deutsche Unternehmen.

Geschäftsstrategie und Stärken: Siemens hat sich in den letzten Jahren radikal neu aufgestellt und von einem Konglomerat zu einem fokussierten Technologieunternehmen gewandelt. Die Strategie lautet "fokussierter Technologiekonzern", der sich auf die Bereiche Industrie (digitale Fabriken, Automatisierung), Infrastruktur (Gebäudetechnik, Smart Grids) und Mobilität (Zugtechnik, intelligente Verkehrssysteme) konzentriert. Die Stärke von Siemens liegt in seiner Innovationskraft und der Fähigkeit, physische und digitale Welten zu verbinden (Stichwort: Digital Twins, Industrial IoT). Siemens profitiert von Megatrends wie Digitalisierung, Automatisierung und Elektrifizierung. Die ausgegliederte Siemens Healthineers (Medizintechnik) trägt zudem indirekt zum Gesamtwert bei.

Schwächen und Moats: Eine potenzielle Schwäche könnte die weiterhin vorhandene Zyklizität einiger Geschäftsbereiche sein, die von Investitionszyklen der Industrie abhängen. Zudem ist der Wettbewerb in vielen Segmenten intensiv. Der "Moat" von Siemens ist seine Technologieführerschaft in Schlüsselbereichen der Industrieautomatisierung und -digitalisierung. Die Expertise, die hier über Jahrzehnte aufgebaut wurde, sowie das Ökosystem aus Hardware, Software und Dienstleistungen macht es für Wettbewerber schwierig, aufzuschließen. Die tiefe Verankerung in der Industrie und die langjährigen Kundenbeziehungen bilden einen weiteren starken Burggraben.

Aussichten und Platzierung: Siemens ist gut positioniert, um von der Transformation der Industrie zu profitieren. Die Investitionen in Digitalisierung und Automatisierung dürften sich auszahlen. Ein weiterer Anstieg in der Rangliste ist möglich, wenn die Fokussierung und die Digitalisierungsstrategie weiterhin erfolgreich umgesetzt werden und sich die globale Industriekonjunktur stabilisiert oder weiter belebt.

Deutsche Telekom: Der Netzwerker im Wandel

Aktueller Status: Die Deutsche Telekom (ISIN DE0005557508 – 30,54 Euro) belegt mit einem Börsenwert von 177 Mrd. Dollar Rang 88 der wertvollsten Unternehmen weltweit.

Geschäftsstrategie und Stärken: Die Deutsche Telekom hat sich in den letzten Jahren stark auf ihr US-Geschäft (T-Mobile US) konzentriert, das sich als enorme Erfolgsgeschichte erwiesen hat und den Großteil des Konzernwerts ausmacht. Die Strategie basiert auf dem Ausbau leistungsstarker Netze (5G, Glasfaser) und dem Angebot von integrierten Kommunikationslösungen. Die Stärke der Telekom liegt in ihrer Netzinfrastruktur und dem Marktanteil in ihren Kernmärkten, insbesondere in den USA und Deutschland. Die Fähigkeit, auch in schwierigem Umfeld konstante Umsätze zu generieren, ist ein Pluspunkt.

Schwächen und Moats: Eine Schwäche sind die enormen Investitionskosten für den Netzausbau, die die Margen belasten können. Zudem ist der Telekommunikationsmarkt in Europa stark reguliert und der Wettbewerb um Kunden ist hoch. Der Schuldenberg ist weiterhin beachtlich, auch wenn er gemanagt wird. Der "Moat" der Deutschen Telekom ist die kritische Infrastruktur (Glasfaser- und Mobilfunknetze), deren Aufbau extrem kapitalintensiv und zeitaufwändig ist. Dieser Wettbewerbsvorteil macht den Markteintritt für neue Player sehr schwierig. Auch die große Kundenbasis und die Markenbekanntheit sind wichtige Schutzfaktoren.

Aussichten und Platzierung: Die weitere Entwicklung der Deutschen Telekom wird maßgeblich vom Erfolg des US-Geschäfts und dem Fortschritt beim Glasfaserausbau in Europa abhängen. Das 5G-Netz in den USA ist ein starker Wachstumsmotor. Für Anleger bietet die Telekom ein solides, eher defensives Investment, das von der zunehmenden Digitalisierung der Gesellschaft profitiert. Ein großer Sprung in den Top 100 ist wohl eher unwahrscheinlich, aber eine stabile Positionierung und ein moderater Aufstieg sind möglich, solange das US-Geschäft weiterhin gut performt und die europäischen Herausforderungen beherrschbar bleiben.

Fazit:

Deutsche Unternehmen zeigen, dass sie auch im globalen Wettbewerb bestehen können, auch wenn der Weg an die absolute Weltspitze noch weit ist. SAP, Siemens und die Deutsche Telekom sind Leuchttürme der deutschen Wirtschaft, die mit ihren spezifischen Stärken und Moats für Anleger weiterhin interessant bleiben. 

Übrigens: Die Aktien des deutschen Top-Trios zählen bei unserer Verlagspublikation Money Mail zu den nach wie vor laufenden Altempfehlungen. Gemessen an den jeweiligen Einstiegskursen ergibt sich dabei derzeit eine Performance von 171,1% (SAP – vorgestellt in Ausgabe 57/23) 84,3% (Siemens – vorgestellt in Ausgabe 08/21) und 31,3% (Deutsche Telekom – vorgestellt in Ausgabe 55/24).