Atomkraft ist wieder sexy: Warum Uran-Aktien dank Künstlicher Intelligenz gefragt sind und Chancen bieten

Eine überraschende Verbindung zwischen Künstlicher Intelligenz und Kernenergie heizt die Nachfrage nach Atomstrom kräftig an. Im Börsenwerte-Verlags-Blog erfahren Sie, warum Tech-Giganten wie Microsoft und Google auf Atomkraft setzen und welche Chancen das für Anleger bietet.

Atomenergie ist als Energiequelle plötzlich wieder salonfähig. Das beflügelt auch die Phantasien der Anleger. Jedenfalls sind neuerdings Anlagevehikel rund um Uran als Anlagethema sehr gefragt. Das belegt beispielsweise die Entwicklung des VanEck Uranium and Nuclear ETF. Hat dieser doch in den vergangenen sieben Wochen in der Spitze um fast 40% zugelegt. Und seit einem im März 2020 markierten Tief stand beim bisherigen Jahreshoch fast eine Verdreifachung als Performance-Ausweis angeschrieben.

Wesentliche Faktoren hinter dem beeindruckenden Revival der Atomenergie sind der steigende Strombedarf, insbesondere durch Künstliche Intelligenz (KI) und Datenzentren, die Nachfrage nach sauberer und verlässlicher Energie sowie die politische Unterstützung für neue Atomtechnologien. Diese Dynamik treibt nicht nur die Nachfrage nach Uran, sondern auch die Entwicklung von Anlagevehikeln rund um das Thema Atomkraft.

Die Rolle von Big Tech: Atomkraft für den Energiehunger der KI

Tech-Giganten wie Microsoft und Amazon investieren zunehmend in Atomstrom, um ihren wachsenden Energiebedarf nachhaltig zu decken. Denn durch die Nutzung der Atomkraft können die Technologieriesen ihre CO₂-Bilanzen verbessern und gleichzeitig stabile und langfristig kostengünstige Energiequellen sichern. Die Datenzentren der großen Tech-Unternehmen haben 2023 bereits 48 Terawattstunden Strom verbraucht – mehr als die jährliche Energieversorgung vieler Länder. Da KI-Server vier- bis achtmal mehr Energie benötigen als herkömmliche Datenserver, wird die Stromnachfrage durch den Boom der KI weiter verstärkt.

Die Energieintensität von KI-Servern ist sehr viel höher

Quellen: Dominion Energy, Bernstein; Societe Generale

Laut Bernstein Research steigt der Strombedarf für Rechenzentren weltweit um 5% p.a. und in den USA um fast 10% p.a. falls die KI-Inferenz das Ausmaß der Google-Suche erreicht.  Ohne weitere Netzinvestitionen führt demnach zudem das Wachstum der KI-Rechenzentren dazu, dass die gesamte US-Stromnachfrage das Angebot ab 2025 übersteigt. Beim derzeitigen Stand der Technik wird gemäß der Prognose des zuvor erwähnten US-Finanzdienstleisters bis 2030 ein zusätzlicher Strombedarf von etwa 700 TWh durch KI-Workloads erwartet (das entspricht dem fünffachen Stromverbrauch des Bundesstaates New York). Der größte Teil der zusätzlichen Kapazität dürfte dabei in den USA entstehen.

Für den Stromverbrauch von US-Rechenzentren wird eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von rund 10% prognostiziert

Quellen; EIA, Bernstein; Societe Generale

Drei Hauptantriebskräfte für Atomenergie

1. 1. Wachsender Energiebedarf durch KI und Digitalisierung

Der steigende Bedarf an Rechenleistung treibt den Stromverbrauch stark in die Höhe. Besonders datenintensive Anwendungen wie Künstliche Intelligenz (KI), E-Mobilität und Kryptowährungen beanspruchen Energie in einem bislang ungekannten Ausmaß. Microsoft und Google konsumierten 2023 bereits je 24 Terawattstunden – mehr als die Energie, die ganze Länder jährlich verbrauchen. AI-Rechenzentren, deren Server bis zu achtmal mehr Energie benötigen als herkömmliche Rechenzentren, sind dabei Hauptverursacher dieses Anstiegs.

So hat Microsoft kürzlich eine Vereinbarung mit Constellation Energy getroffen, die Energieversorgung seines Datenzentrums über das wieder in Betrieb genommene Kernkraftwerk Three Mile Island sicherzustellen. Amazon erwarb zudem ein 650-Millionen-Dollar-Datenzentrum in der Nähe des Susquehanna-Kernkraftwerks in Pennsylvania, das komplett mit Nuklearstrom betrieben wird. Google arbeitet an groß angelegten Datenzentren, die mehr als 1 GW Strom verbrauchen würden. Sundar Pichai, CEO von Google, sagte kürzlich in einer Rede an der Carnegie Mellon University in Pittsburgh, dass kleine modulare Kernreaktoren (SMRs) verwendet werden könnten, um den benötigten Strom zu erzeugen.

2. Stabile und saubere Energie für Klimaziele

Atomenergie ist nahezu emissionsfrei und ermöglicht Tech-Giganten wie Google und Amazon die Erfüllung ihrer ehrgeizigen Nachhaltigkeitsziele. Google hat beispielsweise eine Partnerschaft mit Kairos Power zur Versorgung seiner Datenzentren mit Atomstrom eingegangen. Auch durch das ADVANCE-Gesetz in den USA wird der Ausbau emissionsfreier Atomkraft weiter gefördert. Diese Gesetzesinitiative unterstützt die Entwicklung von Mini-Reaktoren und anderen modernen Technologien, um den langfristigen Einsatz von Atomenergie im Energiemix zu fördern.

Kernenergie emittiert während ihres Lebenszyklus weniger als viele erneuerbare Energien

Quellen: World Nuclear Association, Intergovernmental Panel on Climate Change. VanEck

3. Politische und regulatorische Unterstützung für innovative Reaktortechnologien

Eine breite politische Unterstützung beflügelt die Atomkraft weltweit. Über 20 Staaten haben zugesagt, die Nuklearkapazität bis 2050 zu verdreifachen, um die internationalen Klimaziele zu erreichen. In den USA wird die Kernenergie als wesentliche Stütze für eine stabile Stromversorgung gesehen, und das Interesse an fortschrittlichen Technologien wie kleinen modularen Reaktoren (SMRs) wächst. Diese ermöglichen eine flexiblere und sicherere Stromerzeugung und passen damit zur Nachfrage nach effizienter Energiebereitstellung für industrielle und digitale Anwendungen.

Nach Jahren des Rückgangs des Anteils der Kernenergie am weltweiten Strommix stehen die Zeichen wieder auf Wachstum, schreibt auch die Bank Vontobel in einer aktuellen Studie. Erst kürzlich hat demnach die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) ihre Prognose für den Ausbau der Kernenergie erhöht. Laut IAEA waren Ende 2023 weltweit 413 Kernreaktoren mit einer Kapazität von 371,5 Gigawatt (GW) in Betrieb. Bis 2050, so die «High-Case»-Projektion der Behörde, könnte die Stromerzeugungskapazität aus Kernenergie auf 950 GW steigen. Damit würde sich die globale Kapazität also um etwas mehr als das 2,5-fache erhöhen. Rund 30 Länder, die bisher noch keine Kernenergie nutzen, würden den Experten zufolge die Einführung von Atomkraft in ihren Energiemix erwägen, während andere Staaten planen, die Lebensdauer bestehender Atomkraftwerke zu verlängern und/oder die Kapazitäten zu erweitern.

Quellen: IAEA, Energy, Electricity and Nuclear Power Estimates for the Period up to 2050, September 2024 Edition, Seite 21, Vontobel

Anleger können mit Themen-ETF und Einzelaktien investieren

Auf das Anlagethema ausgerichtete strukturierte Produkte wie der VanEck Uranium and Nuclear ETF (ISIN: US92189F6016 – 93,26 Dollar, 85,58 Euro) bieten eine Möglichkeit, breit diversifiziert von der Renaissance der Atomenergie zu profitieren. Der zuvor genannte ETF investiert dabei in Unternehmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette.

Zu den wichtigsten Beteiligungen gehören Constellation Energy, Cameco Corporation, das größte Uranbergbauunternehmen im Portfolio, BWX Technologies, ein Anbieter von Ausrüstungen und Dienstleistungen, der vor kurzem einen US-Auftrag zur Erforschung der heimischen Urananreicherung erhalten hat, und Oklo, ein neu hinzugekommenes Unternehmen, das mit fortschrittlichen Kernkraftwerken und Brennstoffrecyclinganlagen innovativ tätig ist.

Für Stockpicker sind möglicherweise selektiv auch einige der in diesem ETF enthaltenen Einzelwerte ebenfalls attraktiv. So waren ETF-Schwergewichte wie Constellation Energy, ein führender Betreiber von Atomkraftwerken, Public Service Enterprise Group, eine Holdinggesellschaft eines regulierten Versorgungsunternehmens (PSE&G) und anderer, nicht regulierter Geschäftsbereiche, wie z. B. Atomstromerzeugung und saubere Energieprojekte,  oder Cameco, der zweitgrößte Produzent von Uran weltweit, zuletzt Performance-seitig ausgesprochen erfolgreich unterwegs. Vor einem Investment sollten Einzelinvestments aber wie immer erst einer eingehenden Analyse unterzogen werden, die am besten fundamentale als auch charttechnische Anlagefaktoren berücksichtigt.

Die Zusammensetzung des VanEck Uranium and Nuclear ETF mit Stand vom 24.10.24 im Überblick

Quelle: VanEck