Anlagekonzept: Austria Börsenbrief

An der Börse scheint es gewisse Fallen zu geben, in die viele Anleger und Analysten immer wieder hineintappen. So gibt es diverse empirische Untersuchungen, wonach ausgerechnet die von der breiten Masse der Anleger und Analysten besonders bewunderten Aktien weit unterdurchschnittlich abschneiden. Eine Untersuchung, die einen Zeitraum von 34 Jahren abdeckt, ergab beispielsweise: Die Performance der bewunderten Aktien lag in den kommenden Jahren deutlich niedriger als eine Vergleichsgruppe von vernachlässigten und eher unbeliebten Aktien.

 

Gefühle und Emotionen führen nicht zum Börsenerfolg

Viele Börsianer machen häufig den Fehler, sehr positive Trends bei der Gewinnentwicklung einfach immer weiter in die Zukunft fortzuschreiben. Dies gilt ebenso bei negativen Trends. Die Aktienkurse von Unternehmen, die wiederholt enttäuscht haben, fallen häufig ins Bodenlose. Sollte es dann jedoch zu Trendwenden kommen, reagiert die Börse in der Regel sehr drastisch. Einstige Börsenlieblinge stürzen ab, während zuvor fast schon aufgegebene Aktien wie Phoenix aus der Asche zurückkehren können. Gefühle und Emotionen führen nicht zum Börsenerfolg. Es gibt jedoch ein Anlagekonzept, das über Jahrzehnte seine Überlegenheit an der Börse bewiesen hat. Wir nutzen diese als Value Investing bekannte Methode eines streng wertorientierten Investierens bereits seit Jahren. Funktioniert dieses Value Investing? Uns sind viele Investoren bekannt, die mit dem Prinzip des Value Investing große Vermögen aufgebaut haben – Warren Buffett ist da nur die Spitze des Eisberges.

 

Echte Werte

Diese Value-Investoren betreiben Markttiming in der Regel auf eine ganz spezielle Weise: Sie laden dann ihre Depots mit Aktien voll, wenn die fundamentalen Bewertungen sehr günstig sind und sie bauen dann wieder Liquidität auf, wenn sich in der Masse der Anleger Euphorie breit macht und die Fundamentaldaten unattraktiv geworden sind. Dies klingt banal, funktioniert jedoch langfristig sehr gut. Auch unsere Musterdepots werden nach den Prinzipien des Value Investing geführt. Dies bedeutet: Wir laufen keinen Modetrends hinterher, sondern durchleuchten die Geschäftsberichte nach echten Werten. Wir suchen nach hoher Substanz und kaufen beispielsweise gerne Aktien, deren Aktienkurse unter oder in der Nähe des Buchwertes notieren. Zudem legen wir großen Wert auf solide Unternehmensbilanzen und stabile Geschäftsmodelle, die stetig hohe Geldzuflüsse generieren. Dies wiederum ermöglicht die Zahlung von stabilen und stattlichen Dividendenrenditen – einem weiteren wichtigen Auswahlkriterium.

 

Gewinne sind formbar wie Glaserkitt

Auch auf niedrige Kurs/Gewinn-Verhältnisse (KGV) legen wir Wert. Doch Vorsicht. Die Unternehmen haben reichlich Gestaltungsspielraum bei der Gewinnermittlung. Warren Buffett, der wohl erfolgreichste Aktienanleger aller Zeiten, bezeichnete die von den Unternehmen ausgewiesenen Gewinne als formbar wie Glaserkitt. Aus seiner Sicht sind folglich die von den Firmen vorgelegten Finanzdaten nicht als das Ende, sondern der Anfang einer fundierten Untersuchung. Dies sehen wir ebenso. An der Börse gibt es etliche Unternehmen, die sich eher reich rechnen und aggressiv bilanzieren. Und es gibt einige Unternehmen, die sehr konservativ vorgehen, Reserven bilden und den vollen Gewinn nicht zeigen. Wir bevorzugen eindeutig eher diese zweite Kategorie. Wir mögen konservative Unternehmer, die Wert auf starke Bilanzen legen und dann auch noch vorsichtig bilanzieren, also die Gewinne und die Unternehmenssubstanz eher zu niedrig ausweisen. Es gibt empirische Untersuchungen, die belegen, dass sich die Aktien dieser konservativ bilanzierenden Unternehmen an der Börse langfristig deutlich besser entwickeln, während die Aktien jener Unternehmen, die zu offensiv bilanzieren, über die Jahre an der Börse sehr schwach abschneiden.

 

Airbag gegen Börsenunfälle

Zudem steigen wir in der Regel nur in eine Aktie ein, wenn der Aktienkurs einen signifikanten Abschlag zum Inneren Wert aufweist. Dies ist ein ganz wichtiger Punkt, um Risiken bei der Aktienanlage zu begrenzen. Wer auf diesen Abschlag zum fairen Wert eines Unternehmens beim Aktienkauf achtet, verfügt damit quasi über einen Airbag, der gegen Börsenunfälle schützt. Obwohl ein solcher Einstieg deutlich unter den Substanzwert die Risiken deutlich reduziert, sind die Chancen dieser zunächst oftmals unbeliebten und unterschätzten Aktien keineswegs gering. Dies zeigen einige unserer Musterdepotpositionen deutlich. 

 

Beispiele:

 

Cenit – Von der Mauerblümchen-Aktie zum Dividendenknaller

Cenit (ISIN DE0005407100, 20,97 Euro) haben wir Anfang 2012 zu 6,50 Euro in unser Musterdepot aufgenommen, als der Wert noch kaum entdeckt war. Wie wir damals ausgeführt hatten, wurde die hohe operative Stärke vor allem durch das akquisitionsbedingt höhere Abschreibungsniveau verdeckt. Daher rechneten wir damit, dass die Stuttgarter mittelfristig ihre gedrückte EBIT-Marge (2011: 5,8%) wieder steigern könnten. Dieser Schluss lag auch nahe, weil die Geschäfte in den wichtigsten Kundenbranchen (Automobil- und Maschinenbau) sowie beim Großkunden EADS gut liefen und dort die Kapazitäten kräftig erweitert wurden. Wir rechneten damit, dass Cenit von dieser Expansion der Kundenbranchen profitieren würde und fanden entsprechende Hinweise auch schon in Cenits geplantem Personalaufbau. Vor allem war davon auszugehen, dass infolge des Wachstums greifende Skaleneffekte die Profitabilität sukzessive in Richtung früherer Niveaus zurückbringen würde. Zudem hatten wir immer wieder auf die erhebliche Cashflowstärke der Gesellschaft verwiesen, die irgendwann zu profitablen Übernahmen oder deutlich höheren Dividenden führen müssten. Schließlich gefielen uns sowohl die starke Bilanz als auch die sehr konservative Bilanzierung. Anstatt wie viele Wettbewerber große Teile der Forschungs-und Entwicklungsleistungen gewinnerhöhend zu aktivieren, verbuchte Cenit dies voll als Aufwand, womit die Gewinnsituation eher untertrieben als übertrieben wirkte.   

Die operative Entwicklung der letzten Jahre bestätigte unsere Kaufannahmen. Die EBIT-Marge ist bis 2015 auf 8,7 % angestiegen (und dürfte in Zukunft noch weiter zulegen), was in Kombination mit dem gezeigten Umsatzwachstum den Gewinn je Aktie seit 2011 um 67% steigen ließ. Durch die starken Cashflows ist seit Ende 2011 der Nettocashbestand je Aktie von rund 2,50 Euro auf über 3,50 Euro (31.12.2015) angestiegen. Da am Aktienmarkt nun immer stärker die hervorragende operative Aufstellung in Bereichen wie der digitalen Fabrik und Industrie 4.0 wahrgenommen wird, ist die KGV-Bewertung inzwischen in Normbereiche gestiegen. Durch die überquellende Firmenkasse wurde schließlich zuletzt der Punkt erreicht, an dem das Management die Dividendenpolitik deutlich aktionärsfreundlicher gestaltete. 2015 wurden 0,90 Euro je Aktie ausgeschüttet, im laufenden Jahr war es sogar 1,00 Euro je Aktie, was aktuell ungefähr einer Rendite von 4,8% auf den Kurs entspricht (Stand Oktober 2016). Inzwischen ist aus dem früheren Mauerblümchen eine gesuchte Dividendenaktie geworden. Für Leser, die unser Musterdepot nachbilden, ergibt sich bezogen auf den Kaufkurs in 2012 aktuell eine Ausschüttungsrendite von 15,4%. Auch in den kommenden Jahren ist weiterhin mit hohen Ausschüttungen und einer Fortsetzung des guten operativen Unternehmenstrends zu rechnen, so dass der inzwischen aufgelaufene Kursgewinn von 217 % (Stand Oktober 2016) seit unserem Einstieg nicht das Ende der Fahnenstange sein muss.       

 

bet-at-home – Gewinnexplosion frühzeitig vorausgesehen

Nach einiger Wartezeit gelang uns im März 2014 der Einstieg beim Anbieter für Online-Glückspiele und Online-Wetten bet-at-home (ISIN DE000A0DNAY5, Euro 68,40) zu umgerechnet 18,95 Euro. In unserer Kaufanalyse hatten wir herausgearbeitet, dass die Gewinne der Vergangenheit vor allem durch aufwendige Werbekampagnen belastet wurden, welche den Zweck hatten, ein starkes Wachstum zu generieren, um schnell eine kritische Größe in dem noch jungen Markt zu erreichen. Zu unserem Einstiegskurs wurde bet-at-home mit einer Marktkapitalisierung von gerade einmal 133 Mio. Euro bewertet. Aber allein in den fünf Jahren 2010, 2011, 2012, 2013 und 2014 erreichte die Summe der Marketingaufwendungen 203 Mio. Euro, mithin 28,90 Euro je Aktie. Schon durch den starken Ausbau der Kundenbasis war klar, dass sich diese voll gewinnbelastend verbuchten Investitionen noch auszahlen würden. Wir waren davon ausgegangen, dass über Effizienzsteigerungen bei den Werbeausgaben, sowie die im Geschäftsmodell angelegten starken operativen Hebel (hohe Skalierbarkeit) die Gewinne im Zuge weiteren Wachstums deutlich überproportional ansteigen würden. Dazu kam noch, dass die sehr geringe Kapitalintensivität extrem hohe freie Cashflows ermöglicht. Ein weiterer Aspekt war, dass mit einer zunehmenden Liberalisierung des Glücksspielmarktes in der EU zu rechnen war, so dass die regulatorischen und rechtlichen Risiken, die mit dem Geschäftsmodell einhergehen, im Zeitablauf eher sinken sollten. Schließlich kam durch die hohe bilanzielle Solidität und die hohe Nettocashposition eine extrem günstige Bewertung der Aktie als entscheidendes Kaufkriterium hinzu.

Unsere Projektionen zum Kaufzeitpunkt haben sich nicht nur realisiert, sondern wurden von dem sehr guten Management bislang sogar noch übertroffen. Auf Basis der 2015 erreichten Zahlen ergab sich zu unserem Einstiegspreis ein 2015er-KGV von 4,3. Inzwischen ist der Nettocashbestand des Unternehmens auf rund 100 Mio. Euro, mithin etwa 14 Euro je Aktie gestiegen, so dass wir bei unserem Einstieg im März 2014 aus heutiger Sicht lediglich rund 5 Euro je Aktie für das operative Geschäft bezahlen mussten – bei nun realisierten Jahresergebnissen um rund vier bis fünf Euro je Aktie! Da der Online-Glücksspielmarkt ein starkes Wachstum zeigt und bet-at-home wegen der starken Marke seit Jahren auch noch ein überdurchschnittliches Wachstum gegenüber dem Marktwachstum erreicht, sollte die gute operative Entwicklung vorerst anhalten. Zudem wird es im nächsten Jahr eine hohe Sonderdividende geben, so dass 2017 insgesamt eine Dividende von 5,00 bis 7,50 Euro je Aktie ausgeschüttet werden wird. Nachdem die früheren erheblichen Marketingausgaben in einem jungen Markt eine starke Marktposition gesichert haben, beginnt bei bet-at-home nun die Erntephase für die Aktionäre. Seit unserer Musterdepotaufnahme ist inzwischen ein Plus von 263% aufgelaufen (Stand: Oktober 2016) und bezogen auf unseren Einstiegskurs wirft bet-at-home zweistellige Dividendenrenditen ab. Im nächsten Jahr dürfte die starke operative Entwicklung mit einer Aufnahme der Aktie in den SDax gekrönt werden.

 

Vor der Erntezeit einsteigen

Die Beispiele Cenit und bet-at-home zeigen, dass es durch detaillierte Analysen möglich ist, frühzeitig und vor der Masse anderer Aktienanleger zu noch sehr günstigen Preisen in hochattraktive Unternehmen einzusteigen. Zu einem solchen Zeitpunkt sind aufgrund geringer Bewertungen die Risiken begrenzt, während die Aufwärtschancen noch sehr groß sind. Es ist stets unser Bemühen, Titel aufzuspüren, bei denen unsere Leser noch einsteigen können, bevor die Erntezeit beginnt, denn genau dieses Vorgehen verspricht langfristig die höchsten Gewinne.